Skip to content

Zahnpflege beim Pferd – Was ist notwendig?

Die Diskussion um die Zahnpflege beim Menschen ist schon lange nicht mehr grundsätzlich sondern es wird hier mehr um die Technik debatiert. Bei Hunden wird seit vielen Jahren über die Reinigung der Zähne berichtet. Es gibt die verschiedensten Angebote an Zahnbürsten, Zahnpasta und sogar Zahnseide für Hunde.

Für Mensch und Hund ist das Zähne putzen eine notwendige Maßnahme zur Gesunderhaltung des Zahnes und seiner Umgebung.

Nachdem nun aber auch für Pferde die ersten Zahnpflegeartikel auf den Markt kommen, soll hier etwas zur Aufklärung um die Pflegebedürftigkeit des Pferdezahnes beigetragen werden.

Einige Daten zum Pferdezahn

Das Pferd hat im vorderen Bereich der Maulhöhle jeweils 6 Schneidezähne oben und unten. Nach hinten schließt bei Hengsten, Wallachen und bei einigen Stuten der Hakenzahn an. Nach einer großen Zahnlücke beginnen in der Tiefe der Maulhöhle die Backenzähne. Auf jeder Seite oben und unten befinden sich jeweils 6 Backenzähne. Vereinzelt treten Wolfszähnen vor dem ersten Backenzahn auf.

Grafik_Zähne_01

 

Der Pferdezahn besteht aus drei „Bausteinen“. Es sind der Zahnschmelz, das Dentin und der Zahnzement. Alle drei sind völlig unterschiedlich in ihrer Struktur.

Zahnschmelz 

Der Zahnschmelz ist die härteste Substanz im Körper überhaupt. Er besteht zu 95-98 Prozent aus anorganischem Material. Zahnschmelz ist farblos, und wirkt nur durch das durchscheinende Dentin weiß-gelblich. Er beinhaltet nur vier bis sechs Prozent Wasser und ist extrem brüchig. Wegen des geringen Wassergehaltes und dem fast ausschließlichen Anteil an anorganischen Substanzen bezeichnet man den Zahnschmelz auch als „tote Substanz“. Zerstörter Zahnschmelz kann vom Körper nicht mehr repariert werden. Die Mikrostruktur besteht aus großen Kristallen, die grösser sind als die in Dentin, Zement oder auch im Knochen. Zahnschmelz ist bei uns Menschen und auch beim Hund die äußere Ummantelung des Zahnes.

Dentin

stellt den größten Anteil der Zahnsubstanz. Es wird auch als Zahnbein bezeichnet. Es besteht aus ca. 75 Prozent anorganischem, 20 Prozent organischem Anteil und 5 Prozent Wasser. Dentin „lebt“ und ist zu einem geringen Grad sensibel. Beim Menschen wird durch diese Nervenversorgung eine gewisse Empfindlichkeit beispielsweise für heiss oder kalt erklärt. Ob dieser Mechanismus beim Pferd auch so funktioniert ist nicht bewiesen. Aus Erfahrung ist die Empfindlichkeit beim Pferd deutlich geringer beziehungsweise überhaupt nicht vorhanden. Im Dentin kommt es lebenslang zu Umbauprozessen und dadurch auch zu einer gewissen Reparatur von Defekten. Dentin hat den Vorteil, dass es nicht so brüchig ist wie der Zahnschmelz. Dadurch ist die Verletzungsgefahr des Dentins geringer.  Dentin ist blass-gelb bis cremefarben. Speziell das weniger mineralisierte Dentin an der Außenseite des Zahnes nimmt Pigmente aus dem Futter auf.

Zahnzement

ist das weichste Zahnmaterial. Er besteht aus 45-50 Prozent anorganischem, 45-50 Prozent organischem Material und zu circa 10 Prozent aus Wasser. Zement ist gelblich. Der Aufbau des Zahnzementes im Zahn entspricht der Struktur von Knochen und ist aufgrund des hohen Anteils an organischer Bausubstanz relativ flexibel. Zahnzement produziert und bildet die sogenannten Sharpeyischen Fasern, die den Zahn seitlich im Zahnfach festhalten, beziehungsweise verankern. Von Seiten des Zahnfaches kommen Gewebsstrukturen, die den Zahn versorgen. Hierfür stellt der Zahnzement seine Oberfläche zur Verfügung. Durch das ständige Nachschieben des Zahnes muss auch diese Verbindung flexibel sein. So kommt es im Laufe des Pferdelebens zu einer ständigen Ab- und Aufbau von Zahnzement, der trotz dem Herauswachsen des Zahnes immer für eine stabile Verbindung zwischen Zahnfach und Zahn sorgt.  Speziell im Bereich der Zahnwurzel schützt Zahnzement das darunter liegende Dentin.

Bei extrem alten Pferde, bei denen die Zähne schon sehr weit abgenutzt sind, bleibt nur noch Zement und Dentin als Kaufläche übrig. Zahnschmelz ist hier nicht mehr in der Zahnsubstanz enthalten. Man bezeichnet das Gebiss des alten Pferdes als „weiches Gebiss“ oder auch als „Gummigebiss“. Bei diesen Pferden nutzt sich der Restzahn sehr schnell ab. Zahnzement ist in seiner Oberfläche nicht glatt sondern porös.

Wie schon beim Dentin beschrieben können Farbpigmente an diese raue Oberfläche anheften und den Zahn verfärben. Dadurch entsteht die zum Teil braun- schwarze Farbe des Zahnes. Dies ist absolut unbedenklich und stellt keine krankhafte Veränderung des Zahnes dar.

Der Pferdezahn ist außen mit Zahnzement umgeben. Nach innen schließt das Dentin an und in der Zahnmitte befinden sich Zahnschmelzanteile. Beim Mensch und Hund ist dagegen Zahnschmelz die äußere Ummantelung.  

Fakt ist: beim Pferd wird die äußere Ummantelung des Zahnes nicht durch Zahnschmelz sondern Zahnzement gebildet. Dunkle Verfärbungen sind durch die schon beschriebenen Farbpigmente aus dem Futter in der porösen Oberfläche des Zahnes / Zahnzement zu erklären.

Grafik_Zähne_02

    Pferdezahn       Menschenzahn

Der Mensch und der Hund sind „Allesfresser“. Sowohl die aufgenommene Nahrung als auch der Speichel sind hier wesentlich aggressiver zum Zahn und zum Zahnfleisch als beim Pflanzenfresser Pferd. Das Entstehen von Karies ist beim Pferd möglich, wird aber durch das permanente Abnutzen der Kaufläche und das Nachschieben des Zahnes in die Maulhöhle auf natürliche Weise an seiner Weiterentwicklung gehindert.  Zahnfleischentzündungen kommen vereinzelt vor. Vor allem wenn sich an den Hakenzähnen große Ansammlungen von Zahnstein festsetzen, reizt das das umliegende Zahnfleisch. Ansonsten sind die beim Menschen bekannten Zahnerkrankungen beim Pferd eher eine Ausnahme.

Das tägliche Zähneputzen ist aus folgenden Gründen beim Pferd nicht notwendig

  • Die Speichel- und Futterbestandteile sind für den Zahn nicht so aggressiv wie bei Mensch und Hund. Selbst mit bestem Werkzeug würden Pferde diese Prozedur nicht auf Dauer tolerieren.
  • Die Oberfläche des Zahnes beim Pferd ist Zement, der eine gewisse „Selbstheilung“ durchführt.
  • Der Zahn schiebt immer neue Zahnsubstanz nach und reibt sie an der Kaufläche ab.
  • Es ist sicherlich schwierig einem Pferd die Backenzähne zuverlässig zu säubern.

Regelmäßig sollte eine Zahnkontrolle durchgeführt werden. Speziell in Zeiten des Zahnwechsels ist dies sehr wichtig!  

Zahnwechsel 

Wie beim Menschen hat das junge Pferd ein Milchgebiss. Das Milchgebiss besteht aus Milchzähnen, die in unterschiedlichen Altersabschnitten in bleibende Zähne gewechselt werden. Während dieser Zeit kommt es häufig zu „Zahnschmerzen“, die entweder durch nicht ausfallende Milchzähne oder durch die „Produktion“ der bleibenden Zähne verursacht werden können.

Bleibende Zähne, bzw. deren Reservekrone in der Tiefe der Kiefer werden bis zum 7. Lebensjahr aufgebaut. Solange können diese Zahnanlagen auch Zahnschmerzen verursachen. Die Backenzähne werden in die Vorbackenzähne und die eigentlichen Backenzähne eingeteilt. Die ersten 3 Backenzähne sind die Vorbackenzähne, die zuerst einmal als Milchzähne angelegt werden. Sie wechseln wie unten beschrieben. Die hinteren 3 Backenzähne sind sofort als bleibende Zähne angelegt. Das gleiche gilt für die Hakenzähne, die mit 4 – 5 Jahren herauswachsen. Der kleine Wolfszahn, der in unterschiedlichsten Altersabschnitten vor dem ersten Backenzahn herauswachsen kann, kommt fast nur am Oberkiefer vor. Er kann bei Hengsten, Wallachen und Stuten gleichermaßen auftreten und hat nur eine kleine Restwurzelanlage. Viele Pferde stört dieser kleine Zahn. Er ist leicht zu entfernen. Eine regelmäßige Zahnkontrolle verhindert viele Rittigkeitsprobleme während der Zahnwechselperiode.  

Grafik_Zähne_03

Bei Pferden über 25-30 Jahren ist der Zahn soweit abgenutzt, dass keine belastbare Kaufläche mehr zur Verfügung steht. Hier sollte auf extremen Maulgeruch geachtet werden. Alte Zähne können sehr leicht eine Zahnwurzelentzündung bekommen. Zahnschmerzen und fauler Geruch aus dem Maul sind dafür deutliche Hinweise.

Fazit

  1. Tägliches Zähneputzen ist nicht notwendig! Braune Zähne sind nicht faul, sondern nur verfärbt. Abgesehen von der fehlenden Notwendigkeit ist es von der Technik her sicherlich nicht einfach die Backenzähne beim Pferd regelmäßig zu putzen. 
  2. Im Zahnwechsel sollte auf das Herauswachsen der „neuen Zähne“ Rücksicht genommen werden. Regelmäßige Kontrolle der Zähne hinsichtlich festsitzender Milchzahnreste.
  3. Zahnproduktion im Kiefer zum Aufbau der Nachschiebenden Zahnsubstanz kann zu Zahnschmerzen bis zum 7ten Lebensjahr führen. Keine Prophylaxe möglich!
  4. Zahnstein sollte regelmäßig entfernt werden. Zahnstein kann sich an Hakenzähnen und vereinzelt an den Schneidezähnen ansetzen.
  5. Bedingt durch das Nachschieben und Abnutzen der Pferdezähne muss vollständiger Abrieb kontrolliert und gegebenenfalls durch das Zähne raspeln ausgeglichen werden.
  6. Alte Pferde auf Maulgeruch überprüfen. Faule Zähne müssen gegebenenfalls entfernt werden.
  7. Tägliches Pflegen ist nicht nötig, dafür aber 2x jährlich eine Zahnkontrolle für die Gesunderhaltung des Pferdezahnes und seiner Umgebung mindestens nötig.
An den Anfang scrollen