Endometritis
Die Endometritis beim Pferd ist eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut, die ohne äußerlich erkennbare Anzeichen vorhanden sein kann oder offensichtlich werden kann durch eitrigen Vaginalausfluss oder verklebte Schweifhaare. Auch Abweichungen von der normalen Zykluslänge (normal 20-22 Tage) können Hinweis auf das Vorliegen einer Endometritis sein. Die Entzündung kann akut oder chronisch verlaufen. Die Endometritis ist eine der häufigsten Ursachen für das „Leerbleiben“ der Stute trotz korrekter Besamung.
Diagnose und Ursachen der Endometritis
Ausgelöst wird die Endometritis durch Bakterien, Pilze oder Einzeller. Die Infektion der Gebärmutter bei der Stute erfolgt in den meisten Fällen mit nur bedingt krankmachenden Erregern. Das sind Erreger, die fast immer in der Umgebung eines Pferdes vorkommen können. Zur Infektion kommt es nur durch zusätzliche negative Begleitumstände wie Virulenzsteigerung des Keims (d.h. der Erreger verändert sich und wird dadurch aggressiver), Abwehrschwäche der Stute, mangelhafte Zuchthygiene beim Deckakt oder der Besamung sowie eine anatomisch ungünstige Beschaffenheit der Geschlechtsorgane der Stute.
Als Sonderfall muss auch die unmittelbar nach der Fohlengeburt einsetzende Endometritis genannt werden, die durch Nachgeburtsverhalten, Verletzungen oder mangelhafte Geburtshygiene entsteht. Für die Diagnose der Endometritis ist eine eingehende klinische gynäkologische Untersuchung der Stute (äußerlich, rektal, vaginal) erforderlich sowie die Entnahme einer Tupferprobe zur Keimisolierung; fallabhängig zusätzlich die Untersuchung per Ultraschall, ein Zellabstrich und evtl. Gewebeprobe-Entnahme (Biopsie) oder die Hysteroskopie (Endoskopie der Gebärmutter).
Einflussfaktor Damm/ Scham / Scheidenvorhof auf die Entstehung einer Endometritis
Besonders eine ungünstige anatomische Beschaffenheit der weiblichen Geschlechtsorgane kann die Besiedlung mit Keimen begünstigen. Hierbei spielt vor allem Schluss und Stellung der Scham eine große Rolle. Vor allem ältere Stuten haben häufig eine nicht senkrecht stehende Scham (durch Verlust des Fettgewebes im Damm- und Analbereich, Schwäche des Bindegewebes und häufiges Abfohlen verursacht). Dadurch kommt es eher zur Verunreinigung des Vaginalbereiches mit Kot, dieses führt unter Umständen zur aufsteigenden Infektion, in diesem Fall dann oft mit Erregern aus dem Kot wie zum Beispiel Escherichia coli.
Die Scham sollte zu mindestens 3⁄4 unterhalb des Beckenbodens liegen, der Schluss der Scham sollte im oberen Bereich (sogenannte dorsale Kommissur) idealerweise kurz oberhalb des Beckenbodens abschließen. Bei sehr weit nach oben Richtung Anus offenen Schamlippen mit geringer Eigenspannung kann während der Bewegung der Stute Luft in den Vaginalraum eintreten. Dieses erzeugt oft ein typisches Geräusch, welches versierten Züchtern sicherlich bekannt ist (Blubbergeräusche, sogenannte Pneumovagina). Durch eine „Scheidenplastik“-Operation lässt sich dieser Zustand beheben.
In fraglichen Fällen sollte man die Beurteilung des Schamschlusses sowohl in als auch außerhalb der Rosse prüfen. Während der Rosse ist bedingt durch das Hormon Östrogen das Gewebe stärker durchsaftet und schlaffer. Mit Abschluss der Rosse steigt das Hormon Progesteron an und die Scham zieht sich wieder leicht zusammen. Erreicht die Stute in diesem Stadium wieder einen ausreichenden Schamschluss, kann unter Umständen auf eine Scheidenplastik verzichtet werden.
Eine weitere anatomisch bedingte Veränderung stellt die „Urovagina“ dar, die vor allem bei älteren Stuten und Stuten kurz nach dem Abfohlen vorkommen kann. Bei diesen Stuten läuft infolge eines schlaffen Beckenbodens der Urin teilweise von der Harnröhre in die Vagina. Während der Rosse kann der Urin bei geöffnetem Muttermund bis in die Gebärmutter eindringen und eine Entzündung verursachen. Hierbei müssen nicht zwangsläufig auch Keime nachweisbar sein, aber die Fruchtbarkeit der Stute ist stark reduziert (spermienfeindliches und embryofeindliches Milieu). Durch eine vaginale Untersuchung sowie eine rektale Ultraschall-Untersuchung während der Rosse lässt sich dieser Zustand diagnostizieren. Hierbei ist dann vaginal ein Urinsee und im Ultraschall-Bild eine Flüssigkeitsansammlung in der Gebärmutter zu sehen
Genitalinfektionserreger
Zur Untersuchung auf eine mögliche Keimbesiedlung wird ein Schleimhautabstrich (Tupferprobe) aus der Gebärmutter möglichst während der Rosse entnommen. Die Keime müssen im Labor auf speziellen Nährböden zunächst angezüchtet werden. Bei Nachweis krankheitsauslösender Bakterien erfolgt im Anschluss daran die Erstellung eines Antibiogramms, das bedeutet, es wird getestet, welches Antibiotikum gegen diese Bakterien wirksam ist. Da die Anzüchtung der Keime einige Zeit benötigt, können zwischen Entnahme der Tupferprobe und dem endgültigen Ergebnis durchaus 5 Tage vergehen.
Zusätzlich hat sich die zytologische Untersuchung des Abstrichs bewährt. Hierbei wird die Zellzusammensetzung im Abstrich beurteilt. Ein vermehrtes Vorkommen von „polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten“ gilt als krankhaft. Folgende Keime gelten als krankheitsauslösend, auch wenn sie nur in geringen Mengen nachgewiesen werden: z. B.
ß-hämolysierende Streptokokken Pseudomonas aeruginosa Escherichia coli var. haemolytica Tayorella equigenitalis (CEM-Erreger= ansteckende Gebärmutter-Entzündung)
Andere Keime gelten erst als krankheitsverursachend, wenn sie in großen Mengen nachgewiesen werden, dies sind z. B. Escherichia coli (andere Unterarten als oben genannte) Hefen
Schimmelpilze
Vor allem beim Nachweis letztgenannter Keime ist der zusätzliche zytologische Befund eine gute Hilfe zur Beurteilung des Erkrankungsgrades.
Zuchthygiene
Jede Besamung oder Bedeckung kann eine geringe Menge an Umweltkeimen mit in die Gebärmutter einbringen. Eine gesunde Stute mit einem guten Abwehrsystem wird allerdings allein mit diesen wenigen Keimen fertig. Problematisch wird es erst, wenn das Abwehrsystem der Stute geschwächt ist, das Sperma des Hengstes oder der Verdünner stark keimbelastet sind oder beim Deckakt durch mangelhafte Hygiene zu viele Umweltkeime eingeschleppt werden. Vor allem bei immunschwachen Stuten kann dann die instrumentelle Samenübertragung von Vorteil sein.
In seltenen Fällen kann eine Stute auch eine Allergie gegen bestimmte Samenverdünner entwickeln und mit Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut reagieren. Dann kann der natürliche Deckakt oder aber ein Wechsel des Samenverdünners von Vorteil sein.
Endometrose
Diese Form der Gebärmuttererkrankung stellt eine Sonderform dar und ist nicht mit dem Begriff aus der Humanmedizin identisch. Die Endometrose der Stute lässt sich in der Regel nur durch eine Gewebeprobe-Entnahme (Uterus-Biopsie) nachweisen. Hierbei besteht eine chronische zumeist nicht mehr therapeutisch zu beeinflussende Veränderung der Gebärmutterschleimhaut. Die Endometrose tritt zumeist bei älteren Stuten auf und führt zu Fruchtbarkeitsverlusten. Die veränderte Gebärmutterschleimhaut ist dabei oft nicht mehr in der Lage, einen Embryo zu ernähren.
Auch die sogenannten Gebärmutterzysten kann man dem Krankheitsbild der Endometrose zuordnen, wobei die Zysten ab einer gewissen Größe zumeist auch per Ultraschall oder Hysteroskopie nachgewiesen werden können. Sind große Zysten über 2 cm Durchmesser oder auch sehr viele Zysten vorhanden, kann es sinnvoll sein, diese über ein Endoskop zu entfernen (Hysterozystotomie).
Therapie der Endometritis
Zunächst gilt es natürlich, ungünstige Begleitfaktoren soweit es geht zu beseitigen (z.B. Scheidenplastik). Unterbleibt dies, kann ein Therapieerfolg meist nur vorübergehend eintreten. Zur Behandlung der Endometritis-auslösenden Bakterien sollte das Antibiotikum entsprechend des Antibiogramms ausgewählt werden und möglichst systemisch, d.h. per Injektion oder über das Futter mehrere Tage lang verabreicht werden. Vor allem bei Flüssigkeitsansammlungen in der Gebärmutter können zusätzlich lokale Spülungen der Gebärmutter mit sterilen Lösungen (physiologische Kochsalzlösung, Ringerlaktat-Lösung) nötig sein. Spülungen mit Beimischung von Desinfektionsmitteln sind in den meisten Fällen nicht zu empfehlen, da sie die Gebärmutterschleimhaut zu stark irritieren. Der Therapieerfolg muss mittels einer erneuten Tupferprobe kontrolliert werden. Eine Besamung der Stute ist somit erst in der nächsten oder übernächsten Rosse möglich.
Wenn bei einer Stute trotz Behandlung häufig wechselnde Keime in der Tupferprobe nachgewiesen werden, kann auch eine Immunschwäche Ursache sein. Manche Stuten reagieren mit immer wieder aufflammenden Entzündungen auf die Besamung oder Bedeckung („Post-breeding-Endometritis“). Die Gebärmutter solcher Stuten ist oft zu wenig kontraktionsfähig, d.h. zu schlaff. Dadurch sammelt sich Flüssigkeit im Inneren der Gebärmutter an. Hierbei haben sich Spülungen 10-24 Stunden nach bzw. zwischen den Besamungen bewährt. Zusätzlich können Hormoninjektionen (Oxytocin) während des Besamungszeitraums die Kontraktionsfähigkeit der Gebärmutter steigern und somit zur Eigenreinigung beitragen. Erste positive Ergebnisse hat auch das Einbringen von Zellpräparaten oder Eigenplasma in die Gebärmutter gebracht. Bei Problemstuten ist es besonders wichtig, möglichst nur ein bis zwei Mal und sehr nah zum Eisprung zu besamen. Das bedeutet, dass solche Stuten wesentlich intensiver tierärztlich kontrolliert werden müssen. Auch Stuten, bei denen sich Urin im Vaginalbereich ansammelt, sollten unmittelbar vor der Besamung und 10-24 Stunden nach der Besamung mit steriler Ringer-Laktatlösung gespült werden, um die Urinansammlung zu eliminieren. Die Spülungen sollten bis nach Abschluss der Rosse fortgeführt werden, wenn der Muttermund sich wieder schließt und somit kein Urin mehr in die Gebärmutter laufen kann. Befürchtungen, dass der Samen wieder ausgespült würde, sind unbegründet, da nach 6 Stunden die beweglichen befruchtungsfähigen Spermien bereits in den Eileiter hochgewandert sind. Die Verschmelzung von Samen und Eizelle erfolgt nämlich in der Eileiterampulle und nicht in der Gebärmutter. Zum anderen kommt die befruchtete Eizelle frühestens 5 Tage nach Eisprung in der Gebärmutter an. Somit kann auch durch Spülungen nach der Besamung und bis 3 Tage nach dem Eisprung keine Fruchtanlage unbeabsichtigt „ausgespült“ werden.
In hochgradigen Fällen einer Urovagina hilft oft nur eine Operation, bei der der Ausgang der Harnröhre weiter nach hinten verlegt wird, so dass der Urin nur nach außen abfließen kann. Hat der Zustand einer Urovagina aber bereits sehr lange bestanden, können bereits chronische Schäden an der Gebärmutterschleimhaut entstanden sein, die Unfruchtbarkeit bedingen.
Abschließend ist zu sagen, dass durch ein gutes Zuchtmanagement, sprich optimale Stutenauswahl hinsichtlich anatomischer Grundvoraussetzungen, Hygiene bei der Besamung sowie ideale Wahl des Besamungszeitpunktes die Entstehung einer Endometritis oft verhindert werden kann. Die akute Endometritis ist meist gut therapierbar, je länger sie allerdings besteht oder je häufiger sie wiederkehrt, umso schlechter sind die Chancen der Stute, tragend zu werden.