Winterzeit – Stallzeit – brauchen unsere Pferde auch jetzt Bewegung?
Winterzeit – kalte Zeit. Raus aus dem gemütlich geheizten Haus und die Pferde bewegen. Das macht bei angenehm warmen Temperaturen viel mehr Spaß. Trotzdem müssen unsere Pferde auch in der kalten Jahreszeit ihre Bewegung bekommen.
Das Pferd in der Natur
Das Pferd ist allgemein bekannt als ein Lauftier. Die heutige Haltung unserer Pferde ist weit von der des Urpferdes entfernt. Das Urpferd als Steppenbewohner musste zur Nahrungssuche täglich 10 – 12 Stunden wandern. Nur so war es in der Lage sich mit dem kargen Steppengras ernähren zu können. Diese tägliche Bewegung war nicht nur für den täglichen Nährstoffbedarf notwendig, sondern für die Gesunderhaltung von Herz- und Kreislauf, den Atmungsorganen, den Verdauungsorganen und vor allem der Beine wesentlich. Das kontinuierliche Schrittgehen machte das Urpferd zu einem klassischen Ausdauersportler. Selbstverständlich musste sich das Fluchttier Pferd in Gefahrensituationen auch mal mit einem Sprint aus der Gefahrenzone retten. Das war sicherlich eher die Ausnahme.
Wie sieht die Situation des heutigen Pferdes aus?
Unsere Pferde werden aufgrund einer immer besseren Aufklärung heute schon deutlich Tiergerechter gehalten als z.B. noch vor 20 Jahren. Ständerhaltung, zu kleine Boxen und dunkle Ställe sind aufgrund von gesetzlichen Vorschriften heute fast nicht mehr anzutreffen. Das alleine reicht nicht aus um einem Pferd eine artgerechte Haltung zu bieten. Der tägliche Bewegungsbedarf liegt unterschiedlichsten Veröffentlichungen entsprechend mindestens zwischen 20 und 60 Minuten Bewegung täglich. Die Zeit ist nicht alleine ausschlaggebend. Die Intensität, mit der das Pferd bewegt wird, ist ebenfalls ein wichtiger Faktor.
Wovon hängt der Bewegungsbedarf eines Pferdes ab?
„Pferd ist sicherlich nicht gleich Pferd“ und daher muss die Situation individuell beurteilt werden. Laut Empfehlungen von verschiedenen Arbeitsgruppen der Länder wird eine Mindestbewegungszeit von 50 Minuten pro Pferd als Tiergerecht bewertet. Dies kann nur ein Anhaltspunkt sein, der entsprechend verschiedener Umstände anzugleichen ist. So spielen verschiedene Faktoren beim Bewegungsbedarf eines Pferdes eine wichtige Rolle:
Alter
Ein altes Pferd muss sich bewegen um weiterhin fit zu bleiben. Selbstverständlich braucht ein altes Pferd nicht mehr die Auslastung eines jungen Sportpferdes. Am regelmäßigsten müssen Fohlen und wachsende Pferde bewegt werden. Nur mit Bewegung können sich die Organe der Tiere entsprechend entwickeln. Nachlässigkeiten während dieser Zeit sind nachher nicht mehr wieder gut zumachen. Die Intensität der Bewegung ist bei jungen Pferden niedriger als bei erwachsenen. Junge Pferde brauchen eher Auslauf um sich frei bewegen zu können und sich mit Artgenossen auseinanderzusetzen. Sportpferde müssen entsprechend ihres Einsatzes neben einem eventuellen Freilaufen auch noch gezielten gearbeitet werden. Alte Pferde werden auf einem Paddock, Koppel oder Weide sicher zufrieden sein, wobei zusätzliche leicht Arbeit in vielen Fällen die Gesunderhaltung der alten Pferde deutlich fördert.
Gesundheitszustand
Ist ein Pferd gesund, kann es bewegt werden. Viele unserer Pferde sind nicht ganz gesund. Das heißt aber nicht, dass sie nun in die Box gehören. Je nach Krankheitsgrad ist gerade die Bewegung der Pferde eine besondere Form der Therapie. Das gilt es im Einzelfall natürlich zu entscheiden. Speziell chronisch lahme Pferde müssen trotzdem ihre regelmäßige Bewegung bekommen. Koppel, Weide oder auch Führanlage und Laufband stellen einen Grundbedarf dieser Pferde sicher. Tragende Stuten werden häufig nicht mehr gearbeitet. Dies ist nicht unbedingt sinnvoll, denn gerade eine tragende Stute muss, wie der Mensch im übrigen auch, sich für den Geburtsvorgang fit halten. Eine tragende Stute ist nicht krank, sie ist nur tragend und damit absolut auch bis kurz vor die Geburt in Maßen arbeitsfähig.
Trainingszustand
Ist ein Pferd im Training muss es diesen Trainingszustand durch tägliche Belastung erhalten. Stehtage sind speziell für diese Pferde nicht sinnvoll. Nur ein Pferd, das täglich einmal an seine Leistungsgrenze stößt wird seinen Trainingsstatus erhalten können. Ein physiologisches Training mit einem entsprechenden täglichen Arbeitspensum beugt Verletzungen im Bereich der Gliedmaßen im Übrigen am einfachsten vor. Physiologisch heißt in diesem Falle das Schritt reiten zu Beginn der Belastung. Diese Phase sollte nicht kürzer als 20 Minuten sein. Jetzt sind sowohl die Bandstrukturen, die Sehnen, aber auch die Gelenkflächen bestmöglich auf Leistungsbeanspruchung vorbereitet. Die Arbeitsphase richtet sich nach dem Konditionszustand und dauert zwischen 20 und 40 Minuten. Wichtig ist eine abschließende Schrittphase von noch einmal ca. 10 Minuten bevor das Pferd dann wieder in den Stall kommt.
Pferderasse / -typ
Die Pferderasse und der Typ eines Pferdes bestimmen das Bewegungsmaß. Ein Pony hat sicherlich nicht den Anspruch an Bewegung wie ein Warmblut – und ein Vollblüter ist noch einmal anders veranlagt. Auch dieses gilt es zu berücksichtigen. Auch individuelle Temperamentsunterschiede innerhalb eines Rassespektrums müssen beachtet werden.
Haltungsform
Die Haltungsform ist vermutlich der größte Einflussfaktor bezüglich der Mindestanforderung an Bewegung eines Pferdes pro Tag. Ist ein Pferd in einer kleinen Box aufgestallt, wird der Bewegungsbedarf ein anderer sein, als ein Pferd in einer Offenstallhaltung mit Zugang zu einem mehr oder weniger großen Koppel-/Weidebereich.
Welche Möglichkeiten für die Bewegung eines Pferdes gibt es?
Die Bewegungsmöglichkeiten hängen von den örtlichen Gegebenheiten und natürlich auch der oben aufgeführten individuellen Situation der Pferde ab. Am Pferdegerechtesten ist der Stall mit Auslaufmöglichkeit. So kann das Pferd selbst regulieren, wann es sich wie viel bewegen möchte. Diese Möglichkeit ist nicht überall gegeben.
Reitpferde müssen, wenn sie keinen Auslauf haben, wenigstens einmal am Tag aus der Box und sollten unter dem Reiter, an der Longe, im Geschirr oder auch mal freilaufend bewegt werden. Heute sind schon flächendeckend die Möglichkeiten gegeben, Pferde in einer
Führmaschine, auf einem Laufband oder mit speziellen Gerätetrainern zu bewegen. Diese Einrichtungen haben dazu geführt, dass Pferde im Durchschnitt heute viel länger täglich bewegt werden. Abgesehen von der Fitness sind auch Stalluntugenden wie Weben, Koppen und das Boxenrennen dadurch deutlich weniger geworden. Je weniger die Pferde aus den verschiedensten Gründen gearbeitet werden, desto wichtiger wird es, Koppel oder Weide zur Verfügung zu haben. Zum Beispiel ist es nicht Pferdegerecht eine Pferdezucht ohne Weidemöglichkeit zu betreiben. Ähnlich sieht die Situation des alten Pferdes aus. Wird ein Pferd nicht mehr sportlich genutzt, braucht es seine tägliche Bewegung wenigstens in Form eines Auslaufes oder besser einer Weide. Auch hier gibt es erfreuliche Entwicklungen. Verschiedene Pensionsbetriebe haben sich auf die Haltung älterer Pferde eingestellt. So wird hier neben dem täglichen bewegen auch ein „Rundum-Sorglos-Paket“ angeboten, bei dem die Pensionsstallbesitzer sich auch um Schmied und Tierarzt kümmern.
Kritische Aspekte
Die oben favorisierte Offenstallhaltung soll nicht dazu verleiten, Pferde in solchen Ställen zu parken und sich nicht mehr darum zu kümmern. Paddocks, die knietief vermatscht sind und die Pferde keine Gelegenheit haben sich auf einem trockenen Platz aufzuhalten sind genauso wenig Pferdegerecht wie kleine Koppeln oder Weideflächen mit extrem vielen Tieren, die sich gegenseitig nicht aus dem Weg gehen können.
Pferde, die schon während der Aufzucht und auch später als Reitpferd täglich ausreichend gearbeitet wurden sind sehr oft langfristig die gesündesten Tiere. Die Bewegung ist für unsere Pferde ein absolut wichtiger Punkt in der Gesundheitsprophylaxe. Gesunde Pferde machen Freude und sparen dem Besitzer Geld!
Bewegung in jeder Form tägliches „Muss“ für unsere Pferde
- Mindestens 50 Minuten Bewegung pro Tag
- Junge Pferde möglichst mit Weidegang
- Reitpferde
- 20 Minuten Schritt vor der Arbeitsphase
- 20 – 40 Minuten Arbeitsphase
- 10 Minuten Schritt vor Ende
Bewegungspensum abhängig von verschiedenen Faktoren
- Alter
- Gesundheitszustand
- Trainingszustand
- Pferderasse / -typ
- Haltungsform
Offenstallhaltung oder Paddock Box günstige Bedingungen.
Besonders empfindlich für mangelhafte Bewegung sind junge Pferde.
Fazit:
Regelmäßige Bewegung ist eine wichtige Gesundheitsprophylaxe – Erhält das Reitpferd gesund und leistungsfähig, beugt beim jungen und auch bei den Senioren gesundheitlichen Problemen vor und spart damit dem Besitzer Geld!