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Winterzeit – Eindecken / Scheren – ja oder nein?

Alle Jahre wieder entbrennt zu Beginn der kalten Jahreszeit die Diskussion um das Eindecken oder das Scheren der Pferde.

Nicht artgerechtes Halten und Verweichlichung des Pferdes nennen es die einen – Gesundheitsprophylaxe nennen es die anderen. Sicherlich ist die Frage auch nicht mit einem eindeutigen Votum zu beantworten. Grundsätzlich ist das Pferd heutige Pferd nicht mehr mit dem Urpferd zu vergleichen. Das wird manchmal vergessen. Trotz alledem ist das Pferd hinsichtlich der Temperaturfühligkeit völlig anders eingestellt als der Mensch. Dies macht uns die Beurteilung der Situation oft schwer.

Das Pferd ist nicht Kälteempfindlich

Die Oberfläche des Pferdes ist im Vergleich zur Körpermasse relativ klein. Es verliert wenig Wärme über die Haut. Langes Fell im Winter ist aber trotzdem ein Schutz gegen die Witterung. Unser Pferd heute steht nur noch selten ganzjährig auf der Weide. Zum anderen werden die meisten Pferde auch im Winter reiterlich genutzt Der Schweiß und dessen Verdunstungskälte kühlen den Organismus des Pferdes deutlich ab. Frühes Eindecken oder auch das Abscheren des jungen Winterfelles verringern die Schweißproduktion. Es gibt also ein für und wider bei der Beurteilung des Eindeckens oder Scherens des Pferdes. Wesentlich für die Beurteilung, ob ein Pferd besser mit oder ohne Decke stehen soll, ist die Beantwortung folgender Fragen.

  • Wie wird das Pferd genutzt?
  • Welcher Rasse gehört es an?
  • Wo steht es – im Stall oder auf der Weide?
  • Bildet es viel oder wenig Fell?

Wichtigster Faktor ist die Frage nach der Belastung

Wird ein Pferd täglich unter Trainingsbedingungen gearbeitet und schwitzt auch entsprechend, so kann langes Winterfell tatsächlich für die Gesunderhaltung ein Problem darstellen. Das dichte Winterfell ist nach der Arbeit durch und durch nass. Beim Trocknungsvorgang verdunstet der Schweiß und es entsteht Verdunstungskälte. Im Sommer ist dies ein gewollter Effekt, im Winter ist es problematischer. Durch die Verdunstungskälte sinkt die Körpertemperatur zum Teil deutlich unter die physiologische Marke von 37,5 Grad. Langes Trockenreiten ohne Decke reicht nicht aus, um den Abfall der Temperatur auf 37,5 Grad zu begrenzen. Bei 20 Minuten Schritt nach anstrengender Trainingsarbeit und entsprechend durchschwitztem Winterfell konnten Temperaturen bis 34,5 Grad und weniger gemessen werden. Diese Unterkühlung der Pferde kann Infektionskrankheiten begünstigen. Grundsätzlich sollten Pferde nach anstrengender Arbeit beim Trockenreiten abgedeckt werden. Um die Verdunstung des Schweißes zu ermöglichen, muss Luft zirkulieren können. Dazu wird Stroh oder Heu zwischen Pferd und Pferdedecke gelegt. Besser man kauft sich eine Abschwitzdecke. Das Material dieser Decke leitet die Feuchtigkeit nach außen. Das Pferd kann unter solch einer Decke sehr gut abtrocknen. Bei Pferden, die im Winter nur mäßig belastet werden und wenig schwitzen, ist das frühzeitige Eindecken und / oder Scheren nicht notwendig und auch keine Gesundheitsprophylaxe. Oft wird als Argument die Bequemlichkeit des Reiters angeführt, der sein Pferd mit kurzem Fell nicht so intensiv pflegen muss als mit langen Winterfell. Die Faulheit des Reiters ist kein Argument für Scheren oder permanentes Eindecken.

Auch die Frage nach der Pferderasse ist berechtigt. Robustrassen sind nicht ganz so empfindlich gegen das Auskühlen. So ist das Eindecken oder Scheren hier in aller Regel nicht notwendig. Diese Pferde werden häufig halbtags oder sogar ganztags auf der Weide gehalten. Sie brauchen das Fell als Schutz gegen die Witterung. Das frühe Eindecken würde die Fellbildung behindern und die Schutzfunktion des Felles einschränken. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für das Scheren dieser Pferde.

Die Stallbedingungen sind ein weiterer Punkt, in der Beurteilung Scheren / Eindecken ja oder nein. Ist der Stall relativ warm und geschützt, fühlen sich die Pferde mit etwas weniger Fell im Winter deutlich besser. Viele Ställe sind zu warm, aber die Gebäudegegebenheiten sind ganz oft nicht wesentlich zu ändern. Frühes Eindecken verbessert die Lebensqualität dieser Pferde und beugt Infektionskrankheiten vor. Bei Offenstallhaltung versteht es sich von selbst, dass diese Pferde nicht geschoren werden sollten. Das permanente Eindecken verhindert in der Offenstallhaltung die natürliche Einstellung der Pferde auf das Außenklima.

Die Fellproduktion ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich

Norweger produzieren zum Beispiel ein sehr dichtes und langes Fell mit starkem Unterfell. Es ist vergleichbar mit einem Wollpullover. Vollblüter bilden meist nur ein deutlich feineres Fell mit viel weniger Unterfell aus. Es gibt nicht nur rassespezifische Unterschiede, sondern auch innerhalb einer Rasse haben einige Pferde extrem viel und dichtes und andere nur sehr dünnes Winterfell. Auch diese individuelle Veranlagung des Pferdes sollte mit in die Überlegung einbezogen werden, ob man sein Pferd eindeckt, schert oder auch nicht.

Wann eindecken – wie Scheren?

Wenn man sich für das Eindecken entschieden hat, ist der beste Zeitpunkt mit dem Eindecken anzufangen, wenn die Bäume anfangen ihr Laub zu verlieren. Jetzt haben die Pferde gerade begonnen, ihr Winterfell intensiv zu produzieren. Das Fell ist zu diesem Zeitpunkt schon dicht genug, um auch im Winter, allerdings mit Decke, nicht zu unterkühlen. Die erste Decke sollte noch eine sogenannte Übergangsdecke sein. Die Übergangsdecke ist nicht gefüttert und nicht sehr warm. Bei kalten Außentemperaturen um den Gefrierpunkt, sollte man dann zu den gefütterten Decken wechseln.

Regendecken oder Weidedecken sollten bei Pferden als Witterungsschutz eingesetzt werden. Das Eindecken auf der Weide ist nur bei den Pferden notwendig, die im Winter durch Scheren oder Eindecken nur ein sehr kurzes Fell ausgebildet haben. Bei täglich intensiv geputzten Pferden kann die schützende Fettschicht des Felles deutlich verringert sein. Der Wasserabweisende Effekt des Felles wird dadurch deutlich reduziert. Eine Regendecke schützt diese Pferde vor Durchnässen und beugt Auskühlung vor.

Beim Scheren des Felles muss nicht zwangsläufig das ganze Pferd geschoren werden. Es gibt verschiedene „Schnittmuster“, die hauptsächlich da Scheren vorsehen, wo das Pferd stark schwitzt. Die „Decke“ des Pferdes, Sattellage und Nierenpartie, vor allem die Sattellage sollte möglichst nicht geschoren werden. Das kurze nachwachsende Fell in Verbindung mit dem Sattel verursacht nicht selten Satteldruck. Die richtige Zeit die Pferde zu scheren ist dann, wenn das erste Winterfell bereits schon produziert ist. Schert man zu früh, wird noch einmal kräftig Fell nachproduziert. Viele Reiter scheren in besonders kalten Wintern ihre Pferde durchaus 2 – 3 Mal. Selbstverständlich muss ein geschorenes Pferd konsequent eingedeckt werden.

Zusammengefasst ist das Eindecken, als auch das Scheren unter besonderen Bedingungen sinnvoll

Wichtig ist die Beurteilung der Ausgangssituation. Ein Stallwechsel von warm nach kalt kann bei geschorenen und eingedeckten Pferden erst nach dem Fellwechsel im Frühjahr wieder vorgenommen werden. Geschorene Pferde müssen durch die Winterzeit eingedeckt bleiben. Die Materialstärke der Decke richtet sich nach den Außentemperaturen. Zu warme Decken können genauso problematisch sein wie gar keine Decke. Wird ein Pferd nicht regelmäßig belastet und ist der Stall pferdegerecht luftig und im Winter kalt, so ist das Eindecken und Scheren nicht notwendig.

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