Sattel-Passform als Gesundheitsfaktor
Der Sattel ist ein in der Reiterei zunehmend diskutierter Faktor. Dabei treten Probleme mit dem Sattel in höherem Maße im Bereich der Freizeitreiterei auf. Die Sattelhersteller allerdings konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Sportreiter. Die Analyse eines echten Bedarfes scheint hier nicht im vollen Umfang stattgefunden zu haben. Dies birgt Probleme bei der richtigen Auswahl eines Sattels im Freitzeitreiterbereich.
Der Sattel muss verschiedenen Kriterien genügen.
Der Reiter muss bequem sitzen können – entsprechende der Sportart ( Springe, Dressur, Freizeit, Western usw.) Er muss dem Pferd passen Möglichst von der Stange kaufen, da Preis ein wichtiges Kriterium ist
Wesentlichster Punkt ist die Passform für das Pferd. Hier sind verschiedene Punkte ausschlaggebend:
- Kammerweite als Freiraum für den Widerrist
- Seitliche Auflage auf Rippenbogen – dem Rippenbogen anliegend
- Tiefster Punkt der Sitzfläche ca. in der Mitte des Sattels – in Höhe der Steigbügelschlösser
- Aufliegepunkte auf Schulter vermeiden
- Länge des Sattels dem Pferderücken angepasst – darf nicht zu lang sein
Diese Punkte betreffen die Lage des Sattels am stehenden Pferd. Die Belastung des Pferderückens mit Sattel in der Bewegung ist noch komplizierter. Die Schulter bewegt sich vor und zurück. Beim Zurückbewegen staut sich die Muskulatur wie auch der Schulterblattknorpel nach hinten – oben. Ist der Sattel hier im Weg, kommt es zu einer Interaktion, die auf Dauer schmerzhaft sein kann. Diese Pferde verlieren an Gang und entwickeln im extrem Fall sogar etwas steilere Hufe.
Der Rücken bewegt sich nicht zweidimensional, sondern dreidimensional. Das heißt, dass Schwung im Bereich des Rückens nicht nur eine Bewegung rauf und runter bedeutet, sondern auch eine Rotation um die Wirbelsäulenachse entsteht. Durch Bewegung des Schulter und der dreidimensionalen Bewegung des Rückens kommt es zu einer sehr komplizierten Statik, der der Sattel angepasst werden muss.
Dies ist fast unmöglich. Ein guter Reiter mit einem ausbalancierten Sitz entschärft das Problem. Ein weniger professionell Reitender wird diese Bewegung des Pferdes eher noch unterstützen und die Belastung für das Pferd im Rücken deutlich verstärken. Eine extrem genaue Beobachtung und Analyse der Anatomie des Pferdes, Bewegungsmechanik in Bezug auf den Rücken und auch der Reitersitz sind häufig noch schwer qualifizierbare Kriterien, die die Passgenauigkeit des Sattels beurteilen lassen.
Takt – Losgelassenheit – Anlehnung und Schwung sind die ersten vier Ausbildungsziele eines jungen Pferdes. In dieser Zeit entwickelt sich die Rückenmuskulatur, die Mechanik des Rückens und die Koordination der Bewegung. Die Anforderung an einen Sattel verändert sich damit auch. Das heißt, dass ein für ein 3 jähriges Pferd angepasster Sattel beim selben Pferd mit 5 Jahren überhaupt nicht mehr passend sein kann.
Was passiert, wenn der Sattel nicht passt?
Druck des Sattels an einer Stelle führt erst einmal zu Schmerz. Dadurch wird sich die Reiteigenschaft des Pferdes per se schon deutlich verschlechtern oder kann gar nicht erst ausgebildet werden. Der Schmerz führt darüber hinaus zu einer Reduzierung des Stoffwechsels. Ein reduzierter Stoffwechsel hat zur Folge, dass der Muskel nicht mehr entschlackt wird und eine Übersäuerung findet statt. Ein Übersäuerter Muskel wird nicht effektiv arbeiten und kann schon gar nicht trainiert werden. Ein Teufelskreis stellt sich ein.
Druckpunkte entstehen durch:
- Eine zu enge Kammer
- Schlecht ausgeformte Rippenauflage
- Zu lange Sattelkonstruktion im Verhältnis zum Pferderücken
- Ungleiche Polsterung
- Starre, unphysiologisch geformte Sattelbäume
- Zu weit nach vorne/zu weit nach hinten aufgelegte Sättel
Was ist zu tun?
Professionelles Anreiten eines jungen Pferdes durch einen ausbalanciert sitzenden Reiter ist die erste und absolut wichtige Voraussetzung. Der Sattel sollte in dieser Phase natürlich dem Pferd passen. Ist das Pferd erst einmal in seinem Gleichgewicht stabil und schon relativ gut bemuskelt, lohnt es sich einen Sattel für dieses Pferd anpassen zu lassen oder einen passenden Sattel zu kaufen. Wichtige Punkte sind oben schon ausgeführt und werden in den praktischen Übungen am Pferd vermittelt.
Es gibt heute einige sehr effiziente Hilfsmittel, mit denen man die Korrektheit der Sattelpassform beurteilen kann. Speziell die Belastung in der Bewegung kann mit Hilfe eines Druckmessgerätes / Druckmessplatte oder auch einer Thermographie sehr genau festgestellt werden. Die Auswertungen sprechen für sich und erleichtern die Entscheidung für welchen Sattel man sich bei der heutigen riesigen Auswahl verschiedenster Modelle entscheidet.
Ein neuer Sattel oder auch ein neuer gebrauchter Sattel muss regelmäßig auf seinen Sitz überprüft werden. Vor allem die Markensättel sind mit Wolle gepolstert, die sich unterschiedlich setzen kann und dadurch die Passform des Sattels beeinflusst. Eine Kontrolle nach 1 – 2 Jahren beim gebrauchten und nach 2 – 3 Monaten bei einem neuen Sattel ist dringend zu empfehlen.
Es darf allerdings nicht der Sattel die notwendige Grundausbildung des Reiters ersetzen sollen. Ein neuer Sattel macht noch keinen Reiter. Gerade hier ist ein wesentlicher Ansatz zur Verbesserung der Gesundheit, vor allem im Bereich des Bewegungsapparates unserer Pferde.