Röntgenklassen – ABC
Das ABC der Röntgenklassen
Röntgen ist heute längst eine Routineuntersuchung im Rahmen eines Pferdeverkaufs- bzw. -ankaufs. Seit dies so ist, wird über die Röntgenbefunde diskutiert:
Ist ein Chip eine Katastrophe?
Ist die Randzacke im Gelenk schlimm oder nicht?
Wird aus den Veränderungen am Sprunggelenk einmal ein unbrauchbares Pferd?
usw.
Diese und viele andere Fragen sind es, die die Röntgenbildbeurteilung so schwierig gestalten. Um eine Vereinfachung der Beurteilung röntgenologischer Befunde hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Bedeutung zu bekommen, wurde ein Röntgenleitfaden mit einer Klassifizierung der Befunde erstellt. In diesem Leitfaden sind die Befunde in 4 Gruppen eingeteilt.
Klasse 1
Röntgenbefunde, die ohne eine Abweichung von der Norm oder im Rahmen von anatomischen Varianzen zu bewerten sind.
Klasse 2
Röntgenbefunde, bei denen geringgradige Normabweichungen vorliegen. Bei diesen Befunden gilt es als unwahrscheinlich, dass daraus eine Gesundheitsproblematik entsteht.
Klasse 3
Die Befunde dieser Klasse sind deutlich von der Norm abweichend. Bei diesen Befunden ist das Auftreten von klinischen Erscheinungen, in aller Regel Lahmheiten, wenig wahrscheinlich.
Klasse 4
Hier sind alle erheblich von der Norm abweichenden Befunde aufgeführt, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung führen.
Zwischenklassen
In der aktuellen Fassung des Röntgenleitfadens sind auch Zwischenklassen vorgesehen. Diese zusätzlichen Möglichkeiten sollen aufzeigen, dass ein Befund je nach Ermessen des einzelnen Tierarztes, sowohl in der einen als auch in der anderen Klasse zu vertreten ist.
Na also, so einfach ist das! – Leider nicht!
Das Röntgenbild ist sicherlich nicht das alleinig Seligmachende. Der Röntgenbefund sollte nicht als einzelne Aussage für die gesundheitliche Qualität eines Pferdes stehen.
Viele haben schon den Fall erlebt, bei dem ein Pferd brilliante Bilder der Klasse 1 hatte und dennoch stumpf oder sogar auch lahm ging. Umgekehrt sind Pferde mit einer Bewertung in der Röntgenklasse 3 auch sehr gute und dauerhaft leistungsfähige Reit- und Sportpferde.
Die klinische Untersuchung muss die Basis für jede An- bzw. Verkaufsuntersuchung sein.
Landauf- Landab wird sogar die Qualität des Pferdes in Verbindung mit der Röntgenklasse gebracht. Aussagen wie: „Ich habe ein Pferd mit einem „1-ser TÜV gekauft“ sind in Reiterkreisen häufige Redewendungen. Der sogenannte TÜV bezieht sich bei einer solchen Aussage meist ausschließlich auf die Röntgenbilder. Oft wird hier sogar eine besondere Leistungsbereitschaft des Pferdes hineininterpretiert. Ganz sicher aber ist, dass das Röntgenbild mit der Qualität eines Pferdes absolut nichts zu tun hat.
Ein Pferd mit Röntgenbildern der Klasse 3 ist heute oft trotz sonstiger Qualitäten nicht mehr zu verkaufen. Es werden so viele Pferde „tot geredet“, die absolut als Reit- und Sportpferd geeignet wären. Aus diesem Grund wird das für Tierarzt und Pferdekäufer gedachte Instrument der Röntgenklasseneinteilung auch heute nicht flächendeckend eingesetzt. Einige Tierärzte gehen schon wieder dazu über, Röntgenbefunde nur zu beschreiben und nicht in der oben beschriebenen Weise einzuteilen. So kann einer vorschnellen Verurteilung eines guten Pferdes vorgebeugt werden.
Unter dem Strich sollte man zuerst das Pferd betrachten, eine klinische Untersuchung im klassischen Sinne mit Anschauen, Vortraben, Beugen und Belasten an Longe in der Wendung auf weichem Boden durchführen. Sind diese Untersuchungen unauffällig, wird eine Standardröntgenuntersuchung durchgeführt.
Standardröntgenuntersuchung
- Zehenaufnahmen vorne und hinten beidseits ( 4 Aufnahmen)
- Aufnahme des Strahlbeines ( nach Oxspring) vorne beidseits ( 2 Aufnahmen)
- Je zwei Aufnahmen vom Sprunggelenk ( 45 / 115 Grad Winkel) ( 4 Aufnahmen)
Dies sind die Basisröntgenuntersuchungen.
Sportpferde
Für potentielle Sportpferde wird diese Standarduntersuchung erweitert:
- 3 Rückenbilder
- Je 2 Röntgenbilder des Knies
Befunde
Sind die Befunde in die Größenordnung der Klassen 1 und 2 einzuteilen, wird dies sicherlich kein Problem sein.
Aber auch wenn die Röntgenbefunde Klasse 3 entsprechen, sollte dies nicht automatisch zur Kaufverhinderung führen.
Dass Röntgenbefunde, die in Klasse 4 einzuteilen sind, häufig den Kauf zerschlagen, ist nachzuvollziehen.
Schlussfolgerung
Man sollte zuerst nach dem Pferd und dann erst nach den Röntgenbildern schauen.
-> Beides in Verbindung zu beurteilen wird dem Pferd sicher am gerechtesten.