Kastration des Hengstes – wann, wie und wo?
Kurzfassung für den eiligen Leser
Kastrieren – Ja oder Nein – ist eine Entscheidung nach verschiedenen Gesichtspunkten
- Mindestalter von 18 – 24 Monaten
- Körperliche Entwicklung
- Charaktereigenschaften – hengstig oder nicht
- Späterer Verwendungszweck – z.B. Dressurpferd mit starkem Ausdruck
- Vorliegende Haltungsbedigungen – Hengsthaltung möglich?
Welche Jahreszeit ist die günstigste?
- Frühjahr günstig – Pferde auf der Weide mit viel Bewegung – keine Fliegen
- Herbst fast genauso gut – unter Umständen mehr Insekten – Infektionsrisiko
- Sommer und Winter möglich – hängt auch von der Operationstechnik ab – vernähte Kastrationswunden verhindern im Sommer Fliegen auf der Wundfläche – im Winter Bewegung der kastrierten Jungpferde schwieriger
Kastrieren im Stehen oder Liegen?
- Stehend nur beim Jährling / Zweijährigem
- Liegend alle älteren
- Stehend höheres Risiko durch eventuellen Darmvorfall / Infektion
- Liegend die Möglichkeit des Wundverschlusses
Kastrieren im Stall oder in der Klinik?
- Stall möglich – kostengünstiger
- Klinik teurer – geringeres Infektionsrisiko, besseres Komplikationsmanagement
Das frisch kastrierte Pferd – was ist zu tun?
- 24 Stunden im Stall überwachen um Komplikationen wie Nachbluten, Darmvorfall oder Kolik zu erkennen
- Möglichst kontinuierliche Bewegung damit Wundsekret in der Wunde nicht staut sondern abfließt
- Wundkontrolle einmal täglich bis Wunde komplett verschlossen.
- Bei vernähter Kastrationswunde auf Stauungen achten
Jeder Züchter steht früher oder später vor der Frage seinen Junghengst kastrieren zu lassen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Der Hengst sollte sein wesentliches Wachstum abgeschlossen haben. Bei den meisten Pferden ist das mit 18 – 24 Monaten der Fall. Ist der Junghengst sehr dominant und weiß jetzt auch schon, dass er ein Hengst ist, empfiehlt sich zu diesem Zeitpunkt die Kastration.
Der eine oder andere ist aber noch etwas wenig ausdrucksstark, knapp entwickelt oder noch sehr fohlenhaft. Bei diesen Pferden ist es im Sinne einer positiven Entwicklung, wenn mit dem Legen des Hengstes, wie die Kastration auch genannt wird, noch einige Zeit gewartet wird.
Was soll der Hengst einmal werden?
Natürlich werden potentielle Hengstanwärter nicht kastriert! Doch neben der Nutzung als Zuchthengst sind Hengste im Sport, speziell im Dressursport häufig wegen ihres starken Ausdruckes sehr beliebt.
Einmal kastriert verliert der Hengst unter Umständen den Charme, den der Käufer des Pferdes so schätzt.
Nichts desto trotz ist die Aufzucht, Haltung und die Ausbildung eines Hengstes doch deutlich aufwendiger.
Hengste werden oft in Einzelboxen ohne direkten Kontakt zu Artgenossen gehalten. Diese Art der Pferdehaltung ist sicherlich nicht tiergerecht und sollte gründlich überdacht werden.
Mit einem Wallach ist dies viel einfacher. Die Entscheidungshilfe für den Züchter heißt, dass der durchschnittliche Kunde lieber einen unkomplizierten Wallach kauft als einen anspruchsvollen Hengst. So beeinflussen viele verschiedene Faktoren die Entscheidung einen Hengst kastrieren zu lassen.
Hat man sich für die Kastration entschieden, muss der Jahreszeitpunkt festgelegt werden.
Kastration nur im Frühjahr oder Herbst sagen die einen. Lieber im Winter wenn keine Fliegen da sind, sagen die anderen.
Für einen Züchter bietet sich das Frühjahr an.
Die Pferde können unmittelbar nach der Kastration auf die Weide. Wundschwellungen werden durch die kontinuierliche Bewegung des Pferdes am besten vermieden. Zu diesem Zeitpunkt im April und Anfang Mai gibt es nur wenige Insekten. Vor allem Fliegen setzen sich gerne an Wundflächen und übertragen dabei Infektionserreger, die zu eitrigen Entzündungen der Kastrationswunde führen können. Je weniger Fliegen da sind, desto niedriger ist das Infektionsrisiko.
Eine Kastration ist auch zu jeder anderen Jahreszeit möglich.
Dies hängt aber auch von der Operationstechnik ab. Es gibt verschiedene Methoden die Kastration eines Junghengstes durchzuführen.
In größeren Zuchtbetrieben wird aus Kostengründen bei Jährlingen das Kastrieren im Stehen durchgeführt. Dabei werden die Pferde stark sediert, lokal schmerzbetäubt und durch einen Schnitt durch Haut, Unterhaut und die noch darunter liegende „Tunica vaginalis“, einer derben Schutzhaut der Hoden freigelegt. Durch das Quetschen des Samenstranges und gleichzeitige Abschneiden des Hodens ist damit die Kastration schon beendet. Die Wunde bleibt offen. Diese Form der Kastration birgt die Gefahr, dass durch die direkte Verbindung zur Bauchhöhle auch Darmteile und / oder den Darm bedeckende Netzanteile aus der Kastrationswunde herausfallen. Dies ist eine dramatische Komplikation, die nur chirurgisch in Vollnarkose, wenn überhaupt wieder, behoben werden kann.
Heute üblicher und für das Pferd etwas risikoloser ist die Kastration im Liegen. Die Narkose kommt als Risikofaktor dazu, das Infektionsrisiko und das Risiko eines Darmvorfalles sind hier aber deutlich geringer.
Vor allem ältere Hengste, dreijährig und älter, werden in Vollnarkose kastriert.
Der Vorgang der Kastration bleibt der gleiche. Im Liegen besteht zusätzlich die Möglichkeit, die Wunde der Kastration zu vernähen. Dieser Wundverschluss verhindert, dass Fliegen an die Wunde kommen und Infektionen übertragen. So ist auch eine Kastration im Sommer kein Problem.
Vollnarkose zum Kastrieren – soll das nicht lieber in der Pferdeklinik passieren?
Natürlich sind die Operationsbedingungen in der Klinik einfach besser als im Stall. Der Operationsraum ist sauberer als eine Pferdebox, Narkoseüberwachung ist möglich, die Einrichtungen zum Fixieren des Tieres vorhanden, professionelles Hilfspersonal ist zur Stelle und eine Überwachung nach der Kastration gegeben. Aber diese Methode hat auch seinen Preis.
Eine Kastration im Stall ist nachvollziehbar deutlich billiger. Möglich ist das auch. Saubere Tücher, geeignete Fixationsmöglichkeiten, entsprechend Platz für das Instrumentarium und mehrere Helfer, die etwas Erfahrung mit Pferden haben, zupacken können und auch nicht beim ersten Blutstropfen blass werden. Die Gefahr einer Infektion ist unter den Umständen im Stall etwas größer als in der Klinik. Auch ist die Hilfe bei Eintreten einer Komplikation in der Klink erfolgversprechender.
Wichtigstes Argument in der Chirurgie ist immer die Schnelligkeit. Professionelles schnelles Operieren senkt das Narkoserisiko und beugt Komplikationen am besten vor. Unter Kliniksbedingungen ist dies sicherlich einfacher, da es für alle Beteiligten ein Routineprozedere ist.